Die Stadt

Die Treppen hoch zur Straße sind nass.
Es regnet.
Es ist dunkel.
Oben laufen namenlose Silhouetten,
Schatten.
Ich geselle mich zu ihnen, wir werden eins.
Vorbei an Varietés und Fast-Food-Restaurants.
Ich könnte mir Sex kaufen oder einen Burger,
oder Alkohol, aber keinen Namen.
Wo gehen wir hin?
Das Pepsischild dort an der Bar
Berichtet von besseren Zeiten.
Es regnet.
Einen Schirm, der Herr?
Danke!
Die Perspektive ändert sich.
Von oben sind wir alle gleich.
Graue, schwarze, gelbe Regenschirme.
Ameisen aus Sicht des Herren.
Es regnet.
Der Schauer bildet einen Vorhang
Gegen unerwünschte Schaulustige.
Rauch steigt auf, ein Mann, eine Zigarette.
Ein Gully, Wasserdampf, eine Operette.
Spaß für wenige Cents oder ein ganzes Vermögen,
In den Sand gesetzte Existenzen, kaputte Leben,
treffen auf Neuanfänge und große Versprechen,
ein Flugblatt, ein Gesicht, ein Verbrecher.
Trompetenspiel aus einer dunklen Gasse.
Es regnet.
Es dämmert.
Die Luft geschwängert von Ammoniak.
Schritte, ein Schrei, Sirenen
Die Polizei frönt in den Spelunken
dem Glückspiel, Alkohol und Huren
Die Straßen sind zu gefährlich.
Himmelshohe Stahlbauten drohen von oben,
in den obersten Stöcken residieren die Himmelsöhne,
ganz unten nur Abfall und Aberglaube.
Dieser Ort ist so dunkel, man sieht ihn nicht.
Es regnet.
Es naht der Tag.
Doch bringt er nur zum Vorschein,
was die Nacht so fleißig verbarg.
Sünden, Diebe, Geächtete,
Schmutz und Dreck und Leere.
Die Sonne scheint nicht in den Gassen,
Straßen und Menschen dieser Stadt.
Die Maschinen, die sie bauten,
um sie reich zu machen, sie zu ersetzen,
das Leben zu erleichtern,
sind menschlicher als sie.
Ihr metallisches Bohren und Hämmern
übertönt kaum die mechanischen Herzen
derer, die sie bauten.
Wie gerne riss ich ihren Brustkorb entzwei,
um zu sehen was sie noch antreibt.
Ein Mann in einer Gasse,
wühlt im Müll der Reichen nach Essen.
Ratten leisten ihm Gesellschaft,
teilen sich Bett und Mahlzeit.
In einer Kneipe säuft einer mehr
Als alle anderen zusammen.
Man sah ihn später.
Ertrunken in einer Pfütze.
Treiben die Meiler auch die Menschen an?
Blitze schlagen nieder.
Es regnet.
Es ist Tag.
Die letzten Nachtschwärmer laufen verstohlen
Aus den Etablissements mit den roten Neonreklamen.
Im grauen Licht des Tages ist es nicht zu ertragen,
ich komme heute Nacht wieder, keine Frage.
Denn nur so liebe ich dich, geschminkt und trist.
Mein einziger Trost: dass du für immer so bist.


 

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Von Lukas Böhl

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