Die Wolken konnten nicht länger verdecken, was sie getan hatten. Die Sonne biss in die Erde, schmolz den letzten Schnee des Jahres von der Oberfläche, dort, wo sie lagen. Hunderte, vielleicht Tausende Männer, nicht detonierte Handgranaten, tote Pferde. Die letzte Ruhe überkam sie im Dröhnen der Maschinengewehre. Mitten zwischen den Toten, fixiert in einer vor Kälte erstarrten Hand, in einer kleinen Schatulle, aus edlem Holz, dreht sich, von den wärmenden Strahlen der Sonne beschienen, eine kleine Ballerina. Dreht sich in der sonst so leblosen Landschaft, als ob sie Ausschau hielte nach Überlebenden. Nach dem Mann, für den sie einst tanzen sollte in einsamen Stunden und dessen Augen, jetzt blutunterlaufen, nie mehr Richtung Heimat blicken würden. Mit allerletzter Kraft dreht sie weiter, bis die Melodie ertönt, die für ihn bestimmt, ihn hätte sicher nach Hause geleiten sollen. Sie spielt ein aussichtsloses Spiel gegen die unendlichen Schrecken des Krieges und doch, auch wenn es ungehört verhallt, erklingt das Lied über neu geschlossenem Frieden. Bis ein fremder Soldat ohne Gesicht aufmerksam wird, das Kästchen an sich nimmt und mit der Hundemarke an die Zuhause Wartende schickt. Vielleicht wusste er nicht, dass man Geschenk nicht zurückgibt.
Ballerina
Von Lukas Böhl
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