Kein Ausweg

Ein Mann saß in einem Raum fest, aus dem er nicht entkommen konnte. Der Raum hatte genau eine Tür. Diese Tür würde ihn nach draußen bringen, hatte man ihm gesagt. Doch sie ließ sich nicht öffnen. Jeden Tag drückte er den Griff nach unten, nur zum festzustellen, dass sie versperrt war. Er hatte es zu verschiedenen Tageszeiten probiert, aber die Tür hatte sich nie öffnen lassen. Essen und Getränke waren für mindestens ein ganzes Jahr vorhanden. Auch für die anderen körperlichen Bedürfnisse war gesorgt. Zeitdruck brauchte er also nicht zu haben."

Ein großer Trost war das allerdings nicht. Denn die Vorstellung, noch weiter in diesem Raum gefangen zu sein, trieb ihn langsam in den Wahnsinn. Er konnte nicht einmal sagen, wie er hierhergekommen war oder wer ihn eingesperrt hatte. Nur eines wusste er mit Sicherheit: Durch diese Tür konnte er nach draußen spazieren. Was dahinter war? Er hatte nicht die leiseste Ahnung. Überhaupt konnte er sich an nicht viel erinnern. Da war nur diese Stimme, die ihm sagte: „Geh durch die Tür! Sie bringt dich hier raus.“

Und weil er dieser Stimme traute, probierte er es jeden Tags aufs Neue. Manchmal drückte er den Griff hastig und mit großer Kraft nach unten, manchmal ließ er sich Zeit und ließ die Hand sanft nach unten gleiten. Er glaubte, es gäbe eine gewisse Art, mit der man den Griff drücken musste, um aus dem Raum zu entkommen. Bislang hatte er es einfach nicht richtig gemacht. Woche um Woche verging, doch hinter das Geheimnis des Türgriffs kam er nicht. Und so saß er weiterhin in seinem Raum, aus dem es kein Entkommen gab.

Irgendwann war er so gelangweilt, dass er begann, das Zimmer jeden Tag zu putzen, obwohl es blitzblank war. Eines Tages beschloss er, den großen Teppich, der unter dem Tisch lag, aufzurollen und darunter ebenfalls sauber zu machen. Den Tisch beiseitezuschieben, war ein großer Kraftakt. Den Teppich aufzurollen war aber nicht minder schwer. Als er ungefähr die Hälfte des Ungetüms aufgerollt hatte, bemerkte er, dass sich unter dem Teppich der Boden veränderte. Statt den langen Dielen kam ein Rechteck mit kleineren Holzdielen zum Vorschein.

Aufgeregt schob er weiter und sah, dass es sich um eine versteckte Tür handelte, die sich mit einem schwarzen Metallgriff aufziehen ließ. Er war voller Euphorie, endlich einen Ausweg aus diesem Albtraum gefunden zu haben. Schon war er dabei, den Griff zu packen und daran zu ziehen, als ihm wieder die Stimme in den Kopf kam: „Geh durch die andere Tür! Nur sie bringt dich nach draußen.“ Sofort ließ er den Griff wieder los und stürmte zu der anderen Tür. Er schlug den Griff förmlich mit der Faust nach unten. Verschlossen. Dann drehte er sich zu der Falltür im Boden um. „Nur die Eingangstür bringt dich hier raus“, sagte die Stimme. Gehorsam lief er zum Teppich und rollte ihn wieder über die Falltür. Dann schob er den Tisch darüber, setzte sich auf seinen Stuhl und sah die Tür an. Irgendwann würde er hier rauskommen.

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Von Lukas Böhl

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